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Manierismus (Spätrenaissance)


Zeichnung Schloss Fontainebleau (französischer Manierismus)

Zeichnung Schloss Fontainebleau (französischer Manierismus)

Manierismus ist ein Kunststil des 16. Jahrhunderts, beginnend um etwa 1520 und endend um 1600. Der Manierismus wird auch als Spätrenaissance bezeichnet, welcher auf die Hochrenaissance folgte. Folgt man dieser Definition ist der Manierismus eine Epochenbezeichnung zwischen Renaissance (Ende des Mittelalters) und Barock (Neuzeit). In der Kunstgeschichte wird die Endphase einer Epoche mitunter auch als Manierismus bezeichnet. Letztere Verwendung ist abwertend gemeint. Künstler der Spätrenaissance werden als Manieristen bezeichnet.

Steckbrief

Name:Manierismus Spätrenaissance
Region:italienische Renaissance vor allem in Florenz und Rom (Ursprungsorte)
nordische Renaissance: auch französischer Manierismus (Schule von Fontainebleau), niederländische Manierismus, deutscher Manierismus (Donauschule), baltischen Manierismus
Merkmale:-Aufbrechen des Harmonie-Ideals der Hochrenaissance
-figura serpentinata in der Malerei und Skulptur
-Bewegungen und dynamische Motive
-Überladenheit
-Beginn der Gartenkunst (Vorläufer der Landschaftsarchitektur mit Wasserspielen, Blumenrondelle oder Skulpturen)
-gestreckte Formen, Hang zu Überfrachtung und Rätselhaften
-mehr (siehe unten)
Gattungen:-Renaissanceskulptur als freistehende Plastik, welche von allen Seiten betrachtet werden sollte
-Renaissance-Architektur wird an einzelnen Elementen in ihrer Harmonie aufgelöst
-Renaissance-Malerei mit neuen Elementen, versteckten Symbolen
Beginn: 1520
Ende:1600
Vorgänger:Hochrenaissance
Nachfolger:Barock
Künstler:Italiener:
Giorgio Vasari (1511 - 1574)
Giacomo Barozzi da Vignola (1507 - 1573)
Bartolomeo Ammanati (1511 - 1592)
Antonio da Correggio (1489 - 1534)
Paolo Veronese (1528 - 1588)
Parmigianino (1503 - 1540)
Jacopo Tintoretto (1518 - 1594)
Agnolo Bronzino (1503 - 1572)

Spanier:
El Greco (1541 - 1614)
Werke:-Jüngstes Gericht (1536-1541) in der Sixtinischen Kapelle (Michelangelo)
-Uffizien
-Spätwerk Michelangelos und Tizians
-Palazzo Massimo alle Colonne in Rom (Baldassare Peruzzi)
-Malerei von El Grecos in Spanien, von Antonio da Correggio (in Parma und Correggio), Parmigianino (in Rom, Bologna, Parma)
-Skulpturen und Plastiken von Giambologna
-Jesuitenkirche St. Michael in München
-Schloss Fontainebleau in Frankreich
-Loire Schlösser in Frankreich
-Fürstenhof zu Wismar (Mecklenburg-Vorpommern)

Was war der Manierismus

Der Manierismus wird, je nach Literatur, ziemlich ungenau genutzt. Denn man nutzt den Manierismus als Sammelstil. Alles was in Europa zwischen 1520 und 1600 produziert wurde, fällt dann unter die Bezeichnung.

Besser wäre es zu sagen, dass es im 16. Jahrhundert ziemlich viele Kunststile gab und der Manierismus einer davon war. Tatsächlich gab es zwei manieristische Stile. Der ursprüngliche Stil wurde im 16. Jahrhundert entwickelt. Und der zwei Stil wurde in den 1920-er Jahren erfunden. Als Epochenbegriff wurde der Manierismus von Jacob Burckhardt im 19. Jahrhundert eingeführt.

Echter Manierismus

Der echte Manierismus wurde als Kunstbegriff von Giorgio Vasari (1511 – 1574) eingeführt. Er meinte damit den Stil seiner Zeit in Italien. Der echte Manierismus schloss alle Künstler der Renaissance ein und alle, welche zu dieser Zeit den Stil der alten Meisten weiterhin beleben wollten.

Demnach waren für Vasari die großen Meister der Hochrenaissance (Michelangelo, Leonardo da Vinci, Raffael) ebenso Manieristen.

Erfundener Manierismus

Der deutsche Kunsthistoriker Max Dvorak prägte 1921 den Manierismus-Begriff erneut. Er beschrieb die Werke der jungen florentinischen Maler Bronzino, Pontormo, Rosso, Parmigianino und Florentina als manieristisch.

Laut Dvorak brachen diese Künstler ganz bewusst mit der Harmonie und dem Naturalismus ihrer Vorgängergeneration.

Was bedeutet Manierismus

Giorgio Vasari meinte mit Manierismus etwas Stilvolles und Anmutiges. Mit dem italienischen Wort maniera war Stil oder Anmutung gemeint, um die Eleganz dieses Kunststils zum Ausdruck zu bringen. Dies schloss alle Künstler ein, welche er in seinen Künstlerbiographien (die Viten) beschrieb. Demnach ist Manierismus als Kunststil der Renaissance gemeint.

Als Gegenstück zum Manierismus prägte Vasari auch den Gotik-Begriff. Und als gotisch (barbarisch) beschrieb er den Kunststil des Nordens, welcher die Kunst des Mittelalters prägte.

In der Literatur der Gegenwart ist der manieristische Stil, jener – welcher von Max Dvorak geprägt wurde.

Was war typisch für den Manierismus

Typisch war der Überfluss an antiken Elementen. Dadurch wirkten die Gemälde oft unnatürlich. Kalte und warme Farben erschienen hart nebeneinander, wodurch die Harmonie verloren ging. Der Bildraum wurde verklärt und Figuren mitunter auch gedreht.

Ein Bild visuell zu überladen, galt als Raffinesse. Symbole wurden unverständlich bzw. verschlüsselt eingesetzt. Die Posen, welche die Figuren auf den Gemälden zeigten, wurden komplexer. Auch eine Form von Nacktheit zog ein.

In seiner Vollendung sollte das manieristische Werk nicht nur die Natur abbilden, sondern vollenden. Kennzeichnend war, der Hang zu übertriebener Eleganz und Hingabe zu Rätselhaften.

Wann und wie entwickelte sich der Manierismus

Als Bruch zur Hochrenaissance wird das Sterbejahr von Raffael angeführt. Demnach begann der Manierismus im Jahr 1520. Tatsächlich wurde der Umbruch durch politische und gesellschaftliche Krisen begleitet oder wohlmöglich auch ausgelöst.

Italien war gekennzeichnet von den Renaissance-Kriegen, in denen fast alle italienische Stadtstaaten um die Vorherrschaft kämpften. Außerdem prägten die Reformation und die Gründung des Jesuitenordens jene Zeit. Bedeutendstes Ereignis dieser Zeit war die Plünderung Roms (Sacco di Roma).

In dieser Krisensituation löste der Manierismus die Hochrenaissance ab. Mit der Ablösung verbunden, ist die Abkehr von klassisch-harmonischen Stil der Renaissance. Stattdessen wendete man sich unnatürlich wirkenden Lösungen zu. Demnach ist der Manierismus ein Ausdruck einer geistig-politischen Krise und ein Abbild der Lebenswirklichkeit vieler Künstler.

Merkmale des Manierismus

  • Abkehr vom Harmonie-Ideal der Renaissance
  • Überladenheit
  • oftmals unnatürliche Haltungen und Perspektiven
  • verschlüsselte Bildinhalte
  • Streckung von Formen und Figuren
  • gesteigerte Bewegungen und Emotionalität

Manieristische Architektur

Nachdem die Medici aus ihrem Exil zurückgekehrt waren, stieg Florenz kulturell wieder auf. Und nachdem die Frührenaissance in Florenz begonnen hatte, erlebte der Stadtstaat nun eine erneute kulturelle Blüte.

Giorgio Vasari war Baumeister und Hofmaler der Medici. Um etwa 1560 begann Vasari damit, die Uffizien in Florenz für die Medici zu bauen. Dieses gilt als eines der ersten Bauwerke der manieristischen Zeit.

Uffizien in Florenz, Italien

Uffizien in Florenz, Italien

In Mantua wurde im 16. Jahrhundert der Palazzo del Te errichtet. Das Luftschloss wurde nach den architektonischen Grundregeln des Leon Battista Alberti entworfen. Der Architekt war Giulio Romano, welcher die Formensprache Michelangelos und seines Lehrmeisters Raffael übernahm.

Palazzo del Te in Mantua, Bildnachweis: claudio zaccherini / Shutterstock.com

Palazzo del Te in Mantua, Bildnachweis: claudio zaccherini / Shutterstock.com

Die Unterscheidung zwischen Manierismus und Renaissance ist in der Architektur nicht einfach. Denn viele Bauten wurden als Renaissancebauwerke entworfen und erst in der Zeit des Manierismus fertiggestellt.

Auffallend ist, dass die harmonische Anordnung einzelner Elemente – welche prägend für die Renaissance waren – zaghaft aufgelöst wurden. So wurde bspw. beim Palazzo del Te der Abschlussstein über dem Torbogen verrückt. Auch Giebelüberdachungen scheinen unvollendet, was typische Bauweise des Barocks werden sollte. Doch die Sprenggiebel tauchen als Stilmittel bereits im Manierismus auf.

Manieristische Malerei

Durch die Gegenreformation schwanden allmählich die weltlichen Themen aus der Kunstwelt. Stattdessen wandte man sich wieder religiösen Themen zu, welche allerdings ekstatisch übersteigert dargestellt wurden. Ein Stilmittel war Bewegung, welche dargestellt und festgehalten werden sollte. Optische Täuschungen und stark verzerrte Proportionen ziehen in die Malerei ein.

Briefmarke, 1977 in Italien gedruckt, zeigt das Gemälde "der Winter" von Giuseppe Arcimboldo, Bildnachweis: Marzolino / Shutterstock.com

Briefmarke, 1977 in Italien gedruckt, zeigt das Gemälde „der Winter“ von Giuseppe Arcimboldo, Bildnachweis: Marzolino / Shutterstock.com

Giuseppe Arcimboldo wurde durch Bilder berühmt, auf welchen einzelne Gesichtsstrukturen durch Gemüse ersetzt wurden. Der spanische Manierist El Greco malte Bilder mit lang gestreckten Formen und Körpern oder verwendete kalte und leuchtende Farben nebeneinander als Kontrastmittel.

Die Entkleidung Christi von El Greco, Bildnachweis: Renata Sedmakova / Shutterstock.com

Die Entkleidung Christi von El Greco, Bildnachweis: Renata Sedmakova / Shutterstock.com

Der aus Parma stammende Maler Parmigianino nutzte Rundbilder (Torno). Sein auffälligstes Werk ist ein Selbstbildnis im Konvexspiegel, welches er mit 20 Jahren malte.

Manieristische Skulptur und Bildhauerei

Sowohl in der Plastik als auch in der Malerei wurde die Figura serpentinata bestimmend. Dieser Stil ist geprägt durch schlangenförmige Figuren, welche sowohl auf Porträts als auch in Skulpturen verarbeitet wurden.

Ein repräsentatives Beispiel solcher Schlangenförmigen Skulpturen ist „Der Raub der Sabinerin“ des Bildhauers Giambologna. Diese Skulptur vereinheitlicht das Bewegungsideal und das Rätselhafte des Manierismus gleichermaßen.

Skulptur von Giambologna: der Raub der Sabinerin, Bildnachweis: Sahara Prinz/shutterstock.com

Skulptur von Giambologna: der Raub der Sabinerin, Bildnachweis: Sahara Prinz/shutterstock.com