Renaissance Portrait
Unter Renaissance-Portrait (auch Renaissance-Porträt geschrieben) werden Gemälde oder Plastiken zusammengefasst, welche in der Renaissance entstanden und auf denen eine Person abgebildet ist.
Die Porträtmalerei nahm im 15. Jahrhundert deutlich zu. Grund war, dass die Humanisten den Menschen in den Mittelpunkt rückten. Dieses neue Selbstverständnis führte zu einem gesteigerten Repräsentationsbedürfnis jedes Einzelnen. Dennoch unterschieden sich die Porträtbilder der Frührenaissance deutlich von den Gemälden der Spätrenaissance (Manierismus).
Das wohl bedeutendste Renaissance-Portrait ist die Mona Lisa von Leonardo Da Vinci. Denn in diesem Gemälde werden sämtliche Mal- und Perspektivtechniken der Renaissance zur Vollendung der gebracht.
Inhalt
Steckbrief
Bezeichnung: | Porträt bzw. Portrait der Renaissance |
Symbolik: | Ausdrucksform von Macht, sozialer Stellung, individueller Persönlichkeit, Ruhm und besondere Taten |
Nutzung: | Grundlage für einen Personenkult, Erinnerungsobjekt |
Merkmale: | -anfangs Silhouette-Typ aufgrund antiker Tradition, später Kopf mit Oberkörper -in der Hochrenaissance wurde der Blickkontakt zum Betrachter hergestellt |
Wiederentdeckung des Portraits
Das Porträt ist keine Erfindung der Renaissance. Denn bereits in der Antike wurden Portraits erschaffen. Man denke an die Büsten von Königen und Herrschern im römischen Reich oder im Alten Ägypten. Doch in der Spätantike fand die Abbildung eines Menschen ein schnelles Ende.
Für fast ein Jahrhundert wurde das Porträt vollständig vergessen oder verdrängt. Hinzu kam, dass die Bilderverehrung im christlichen Mittelalter als Götzendienst verpönt war und geächtet wurde.
Doch die Humanisten des Spätmittelalters begannen im 14. und 15. Jahrhundert damit, das Menschenbild des Mittelalters zu überdenken. Anstelle den Menschen als ein Geschöpf Gottes zu sehen, welcher von Gott geschaffen, gelenkt und gerichtet wird – unterstellten sie jedem Menschen eine eigene Identität. Der Mensch wurde zum Individuum erklärt. Diese Einzigartigkeit stand im Mittelalter nur Heiligen, Jesus Christus oder Gott selbst zu.
Mit der Entdeckung des Individualismus sollte der Mensch in den Mittelpunkt rücken. Die Kunst der Renaissance ist ein Abbild dieser Gedanken und des neuen Menschenbildes. Künstler der Renaissance mussten diesen neuen Gedankentrend folgen, um sich profilieren zu können. Kunst war schon immer eine Abbildung der Geschichte, der Menschen dahinter – wie sie lebten und was sie für Kleidung trugen. Die Renaissancekünstler wollten diesen Individualismus entsprechend Ausdruck verleihen.
Anfänge der Portraitmalerei
Mit der Entdeckung des Individuums wurden die höheren Gesellschaftsschichten in ihren Emanzipationsbedürfnis beflügelt. Das gesteigerte Selbstbewusstsein sollte sich nun in konkreten Abbildungen ihres Körpers wiederfinden.
In der Folge entstand ein Mäzenatentum, welches Geld dafür ausgab, sich porträtieren zu lassen. Solche Porträts waren nicht nur schick, sondern erhöhten auch die gesellschaftliche Stellung. Hinzu kommt, dass Gemälde auch überdauern. Somit würde das Abbild eines Porträtierten auch nach seinem Tod immer noch an erinnern.
Zu den Auftraggebern gehörten der Adel, der Klerus und reiche Kaufmannsfamilien. In der Frührenaissance war der Anteil von Kunstmäzen zweifelsohne gering. Denn die finanziellen Mittel, um individuelle Kunst herzustellen zu lassen, musste erst einmal aufgebracht werden. Und auch deshalb erhöhte das Porträt den gesellschaftlichen Status.
Wer sich abbilden lassen konnte, verfügte über das nötige Kleingeld. Auf dem Porträtmarkt drängten nun Herzöge und Patrizier als Kunstmäzen. Alle wollten dazugehören.
Da im Mittelalter sich nur Kaiser und Könige porträtieren lassen durften, glaubten die reichen Kaufmannsfamilien der Renaissance, mit dem Portrait ebenfalls in diese Riege aufsteigen zu können.
Anfänglich zeigten die Porträts eine Seitenansicht der Personen. Es wurde lediglich der Kopf abgebildet. Die große Beliebtheit dieses Stils erklärt sich anhand der antiken Wurzeln. Denn auf Münzen im Römischen Reich wurden auch nur Köpfe oder Seitenansichten abgebildet. Und da die Münzprägung lediglich römischen Kaisern und antiken Königen zustand, sollte das Porträt solche Privilegien für die abgebildeten Person ebenfalls transportierten. Die Mäzen sahen sich als Nachfolger von Königen und Kaiser, sobald sie ein Porträt von sich haben anfertigen lassen. Das Porträt wurde somit zum Symbol für Macht, soziale Stellung, der eigenen Persönlichkeit und besonderen Taten.
Porträts der Frührenaissance
Zu Beginn der Frührenaissance war das Silhouetten-Portrait populär. Neben den oben genannten Gründen, glaubten die Menschen zudem, dass die Seitenansicht die Züge des Einzelnen am objektivsten wiedergeben könnte. Zunächst beschränkte sich die Seitendarstellung nur auf den Kopf. Erst später kamen ein Halb- und Dreiviertelbilder hinzu. Auch heute noch bezeichnet man die Seitenansicht eines Kopfes als Profilbild.
Die Bilder sollten den Auftraggeber so realistisch, wie nur möglich, darstellen. Niemand wollte ein Gemälde, welches nur eine gewisse Ähnlichkeit erkennen ließ. Stattdessen waren Künstler gefragt, welche realitätsnahe Abbilder entstehen lassen konnten. Somit förderte der Humanismus nicht nur die Kunstszene an sich, sondern auch die malerischen Fähigkeiten des Künstlers. Schon bald wurden auch Künstler für ihre Werke verehrt, weiter empfohlen und erlangten Berühmtheit. Auch dies war in der mittelalterlichen Denktradition nie möglich gewesen.
Die Gemälde waren zudem eine Grundlage für den Personenkult. Oft wurden Gemälde zwischen zwei Herrscherhäusern oder Patrizierfamilien verschenkt bzw. ausgetauscht. Dabei wollte jede Partei, dass das Bild von sich das andere Gemälde übertraf.
So reichte es nicht mehr aus, einfach nur abzumalen. Stattdessen sollte ein intelligenter Sinngehalt über das Porträt transportiert werden. Somit waren Einfallsreichtum und Erfahrung des Künstlers gefragt. Durch den Hintergrund konnte die Sinnhaftigkeit transportiert werden. Denn der Hintergrund des Porträts zeigte eine Landschaft oder eine Stadt, welche unmittelbar mit dem abgebildeten Person verknüpft werden sollte. Das Porträt wurde somit Ausdruck von Herrschaftsanspruch des Einzelnen.
Frauenportraits in der Renaissance
Schon zur Frührenaissance entstanden Frauenporträts. Der italienische Dichter Francesco Petrarca (1304 – 1374) schuf Sonette (Gedichte) für die schöne Laura. Laut dem Dichter war die Frau seine Inspiration, eine immer andauernde Quelle für neue Schaffenskraft. Das Loblied auf die schöne Laura sorgte in der Frührenaissance für eine neue Erhebung der Frau. Dem Vorbild Petrarcas folgend, sollte Schönheit für die Frau als Ideal gelten.
Schon in der antiken Mythologie waren die Musen Schutzgöttinnen der Künste. In der Renaissance wurde die Muse zur Symbolik der Inspiration. Und schöne Frauen galten als Verkörperung der Muse, wurden demnach vergöttert und sollten dementsprechend porträtiert werden. Auch dabei sollte das Schönheitsideal gekonnt in Szene gesetzt werden. Und so wurden Frauenbilder gemalt, bei denen die Porträtdarstellerinnen mit Federn geschmückt und mit Schmuck ausgestattet wurden.
Portraitmalerei in der Hochrenaissance
Maler, wie Antonello da Messina oder Leonardo da Vinci, läuteten die psychologische Wende in der Porträtmalerei am Ende des 15. Jahrhunderts ein. Denn die Bildgröße bzw. der Bildausschnitt veränderte sich. Wurde in der Frührenaissance noch hauptsächlich das Gesicht gemalt, so veränderte sich dies in der Hochrenaissance. Fortan wurde der ganze Oberkörper gemalt.
In der Frührenaissance sollte das Gesicht als entscheidendes Erkennungsmerkmal porträtiert werden. Die Tendenz des Dreiviertelauszug setzte sich in den späten 1470-er Jahren durch. Berühmt für diesen Typus war Antonello da Messina, welcher die Bilder der altniederländischen Meister studiert hatte.
Durch Leonardos Werke, wie die Dame mit dem Hermelin, wurde die Dynamik in der Kunstwelt geboren. Der Kopf der Frau ist nach rechts geneigt und der Oberköper scheint nach links gedreht. Dadurch gelingt es Leonardo das Individuum in seiner ganzen gefühlsmäßigen Beschaffenheit auszudrücken. Für die folgenden Jahrzehnte wurde diese ganzheitliche Darstellung zum neuen Standard der Porträtkunst.
Selbstporträts der Renaissance
Das Selbstbildnis oder Selbstportrait fand bei Albrecht Dürer seine Vollendung. Der deutsche Maler schuf das Werk um 1500. Damals war er 29 Jahre alt. Die aufwendig gedrehten Locken, der feingestutzte Bart und der ebenmäßige Antlitz erinnern an Jesusbilder aus dem Mittelalter. Mit diesem Werk kopiert der Handwerkersohn die traditionellen Christusporträts und macht sich damit selbst zum Gottessohn oder zum gottgleichen Schöpfer.