La Pietà (Michelangelo)
Die Pietà von Michelangelo ist eine Marmorstatue, welche im Petersdom in Rom steht. Geschaffen wurde die Statue zwischen 1498 und 1500 während der Renaissance (Hochrenaissance). Der damals etwa 25-jährige Michelangelo vollendet in diesem Werk bereits die Bildhauerei der Renaissance, obwohl seine Davidstatue (1501-1504) weitaus berühmter werden sollte. Die römische Pieta, auch als vatikanische Pieta bezeichnet, gehört zu den bedeutendsten Skulpturen weltweit und den berühmtesten Renaissancestatuen überhaupt. Gezeigt wird Maria mit dem toten Leichnam ihres Sohnes Jesus Christus.
Eigenschaften und Merkmale
Die Pieta steht im Petersdom in Rom. Erbaut wurde sie um 1499. Doch einige Kunstwissenschaftler deuten an, dass Michelangelo seine Pieta erst um 1500 fertiggestellt haben könnte.
Die Figur steht auf einem Podest. Sie wurde aus einem einzigen Marmorblock gefertigt, welcher aus Carrara stammt. Eine Tiefenanalyse der Skulptur lässt erkennen, dass keine kritischen Schwachstellen im Marmor vorliegen. Dies zeigt wie akribisch Michelangelo nach dem perfekten Marmorblock gesucht haben muss.
Die Skulptur misst 174 cm in ihre Höhe, 195 cm in der Breite und 69 cm in der Tiefe. Das Gewicht beträgt etwa 2,6 Tonnen.
Geschichte
Als die Frührenaissance in Florenz endete, zog es Michelangelo – neben vielen anderen Künstlern – nach Rom. Dort warteten lukrative Aufträge für den Renaissancekünstler. Neben Adligen trat dort auch die Kirche als Auftraggeber und Kunstmäzene auf.
1497 erhält Michelangelo einen Auftrag vom französischen Kardinal Lagraulas, eine trauende Muttergottes anzufertigen. Auf dem Schoß der trauenden Mutter soll sich der verstorbene Sohn befinden.
Das Thema war keineswegs neu und gerade in Nordeuropa waren Vespenbilder von trauernden Müttern ein beliebtes Motiv. Im Vertrag wurde ausdrücklich vermerkt, dass Michelangelos Muttergottes die schönste Marmorskulptur werden sollte, welche jemals gefertigt wurde.
Der Vertrag wurde am 27. August 1498 gefertigt. In diesem werden die Angaben zur Statue genauer spezifiziert: „Eine Pietà aus Marmor, das heißt die bekleidete Jungfrau Maria mit dem toten, unbekleideten Christus im Arm.“ Außerdem sollten die Figuren lebensgroß erscheinen.
Erste Zeichnungen als Entwurf fertigte Michelangelo bereits im Sommer 1497 an. Mit dem Auftragsabschluss begab er sich in den Marmorbruch von Carrara, um dort einen geeigneten Marmorblock zu suchen. Die Überbringung des Marmorblocks von Carrara nach Rom überwachte Michelangelo persönlich. Zu wichtig war ihm, dass der ausgewählte Block auch ankam.
Nach Abschluss der Arbeit im Jahr 1499/1500 erhielt Michelangelo ein Honorar in Höhe von 450 Golddukaten. Dies entspricht heute etwa 50.000 Euro. Damals war der Künstler etwa 25 Jahre alt.
Standort
Ursprünglich wurde im Vertrag vereinbart, dass die Pieta in der Santa Petronilla in Rom aufgestellt werden solle. Die Kirche befand sich in der Nähe des Petersdom und war Kapelle der französischen Könige. Der Auftraggeber, Kardinal Lagraulas, starb im Jahr der Vollendung und wurde in der Kapelle beigesetzt. Demnach waren Kunstwerk und Auftraggeber vorerst vereint.
Als dann der Petersdom neu gebaut wurde (ab 1506), wurde die Kirche Santa Petronilla abgerissen. Der Neubau verlangte mehr Platz, weshalb Kirche und Kunstwerk weichen mussten. Die Pieta wurde daraufhin in die Kapelle der „Vergine della Febbre“ in Alt-Sankt-Peter umgestellt.
Seit 1749 befindet sich die Pieta in der ersten Kapelle des rechten Seitenschiffs im Petersdom. Seitdem wird diese Kapelle auch als „Kapelle der Pietà“ bezeichnet. Für die Weltausstellung in New York im Jahr 1964 wurde die Pieta einmalig und auch letztmalig aus dem Petersdom entfernt.
Stil
Die Pieta drückt Dramatik und Dynamik aus. Der Faltenwurf des Gewandes der Muttergottes (Maria) unterstützt diese Ausdrucksweise. Anders als bei anderen Figuren Michelangelos ist der tote Christus – auf dem Schoß der Mutter – keineswegs athletisch. Stattdessen lässt ihn Michelangelo sehr zerbrechlich und fragil erscheinen. Die Bearbeitung des Marmors erzeugte eine sanfte Beschaffenheit und Glätte, welche die Dramatik und Trauer weiter unterstreicht.
Die Komposition der Pieta zeigt, welche Vorliebe die Renaissancekünstler für Dreiecke und Pyramiden hatten. Dabei stehen die klaren Umrisse der Figurengruppe in Kontrast zum weißen Marmor. Der Umriss der Figurengruppe gleicht einem Dreieck. Doch der Sohn Christi auf dem Schoß Marias hat eine kurvenartige Stellung. Dadurch ergibt sich ein Kontrast und eine gewisse Dynamik.
Michelangelo folgte bei seiner Madonna-Darstellung den Vorgaben des nördlichen Europas. Dort wurden die Vespenbilder mit jungen Frauen gestaltet. Demnach wirkt Maria auch jünger als ihr Sohn. Dies bewirkte einen Bruch mit den alten Konventionen, wonach die Muttergottes älter als der Sohn sein musste. Für die italienische Renaissance war dies wohlmöglich die erste Darstellung des Themas in dieser Form.
Kunsthistoriker sehen in der Pieta ein Abbild der gesamten Renaissancekultur, also humanistische Gedankenlehre gepaart mit der Wiedergeburt des Individuums. Menschliche Gefühle stehen im Vordergrund und keine mittelalterliche Weltanschauung von Heiligenverehrung. In sämtlicher Fachliteratur zur Kunstgeschichte wird die Pieta mit dem Prädikat „perfekt“ versehen. Michelangelo scheint mit der Vollendung der Pieta seinen Kampf um das vollkommende finito gewonnen zu haben.
Perspektive
Der Standort, wo die Pieta steht, ist ungünstig gewählt. Denn Michelangelo hat, bei der Erschaffung seiner Skulptur, bereits eine bestimmte Perspektive durchdacht und in die Statue einfließen lassen. Demnach müsste die Pieta auf Augenhöhe stehen. Allerdings steht die Skulptur auf einem Podest und kann somit nur von unten sowie von vorne betrachtet werden.
Die jetzige Perspektive lässt nicht erkennen, dass die Muttergottes nach vorn gebeugt ist. Dadurch ergeben sich Probleme bei der Wahrnehmung, wodurch die Ästhetik und die feinen Proportionen für den Betrachter unvollkommener erscheinen.