Deutsche Renaissance
Als deutsche Renaissance wird der Kunststil während der Renaissancezeit bezeichnet, welcher sich auf dem deutschen Gebiet des Heiligen Römischen Reiches etablierte (heutiges Deutschland).
Die deutsche Renaissanceepoche gehört zur nördlichen Renaissancezeit, deren Motive sich von der italienischen Renaissancestil unterscheiden. Diese künstlerische Bewegung begann auf deutschem Boden im 15. Jahrhundert und endete im 16. Jahrhundert. In dieser Zeit entstanden verschiedene Bauwerke im Renaissancestil – wie das Dresdner Schloss oder das Augsburger Rathaus.
Bedeutende Künstler waren: Albrecht Dürer, Lucas Cranach (der Jüngere), Hans Holbein (der Jüngere) oder Tilman Riemenschneider. Die deutsche Stadt Mainz gilt als Wiege des modernen Buchdrucks, welcher zur Schlüsseltechnologie der Renaissance werden sollte. Geprägt wurden die deutschen Renaissancekünstler vor allem durch die Reformation von 1517 und der darauffolgenden Kirchenspaltung.
Inhalt
Wann war die deutsche Renaissance
Die deutsche Renaissance begann mit dem Aufstieg Albrecht Dürers um 1500. Zu dieser Zeit wurde er zum berühmtesten Künstler nördlich der Alpen. Sein Werk besticht durch Realitätsnähe, einem meisterlichen Detail und Einfallsreichtum.
Vor allem malt Dürer die Menschen auf seinen Porträts als Individuum, welche einen freien Willen besitzen. Der Individualismus und der freie Wille sind zwei Kernelemente des Humanismus, welche unmittelbar mit der Renaissancekunst verknüpft sind. Durch Dürers Werke zieht dieser Individualgedanke in die deutsche Kunstwelt ein.
Was passierte in Deutschland während der Renaissance
Deutschland war zur Renaissancezeit ein Teil des Heiligen Römischen Reiches (Kaiserreich). Das Stammesgebiet der Deutschen (Regnum Teutonicum) erstreckte sich über das Gebiet des heutigen Deutschlands, aber auch über Teile der Niederlande, Belgien, Schweiz und Österreich. Es war das Gebiet, in welchem der deutsch-römische König regierte, welcher zugleich ein Anrecht auf den Titel des römisch-deutschen Kaisers hatte.
Das heutige Italien war ein zweites Teilreich des Heiligen Römischen Reich, welches als Reichsitalien (Regnum Italicum) bezeichnet wird. Dort entstand die Renaissance im 14. Jahrhundert für die Philosophie, Literatur und Kunstwelt.
Vorgeschichte zur deutschen Renaissancezeit
Im gesamten Reich herrschte seit 1378 eine gesellschaftliche Spaltung, welche durch die katholische Kirche entstand. Denn am 8. April des Jahres 1378 wurde in Rom ein neuer Papst gewählt. Dieser Papst war Italiener und weigerte sich, nach Avignon zurückzukehren.
Zwischen 1307 und 1377 war die französische Gemeinde in Avignon der Mittelpunkt der katholischen Kirche und der Papst hatte dort seinen Sitz. Durch die Verlegung des Papstsitzes von Avignon zurück nach Rom, wird eine Kirchenspaltung ausgelöst. Auf der einen Seite wollen die Italiener den Papstsitz wieder in Rom haben. Aber Frankreich erhofft sich durch das avignonesische Papsttum mehr Einfluss auszuüben, weshalb die Franzosen einen Papst in Avignon fordern.
In der Folge entsteht ein geteiltes Papsttum mit Päpsten und Gegenpäpsten. Diese Kirchenspaltung wird als Abendländisches Schisma bezeichnet.
Der Konflikt zwischen römisch-deutschen Kaiser und dem Papst begann bereits im 11. Jahrhundert mit dem Investiturstreit. In der Folge verlor der Kaiser immer mehr Ansehen in den italienischen Stadtstaaten. Der Papst versuchte hingegen seine weltliche Macht über die Grenzen des Kirchenstaates auszudehnen. In Norditalien verbünden sich einzelne Stadtstaaten zu einer Allianz, dem Lombardischen Bund.
Beginn der Medienrevolution in Deutschland
siehe auch Hauptartikel: Erfindung des Buchdrucks und dessen Folgen
Auf der Frankfurter Herbstmesse legt Johannes Gutenberg im Jahr 1454 eine Bibel vor, welche mit einem neuen Druckverfahren vervielfältigt wurde.
Die Gutenbergbibel ist das erste Buch der westlichen Welt, welches mit einem industriellen Druckverfahren erstellt wurde. Zuvor wurden Bücher mühevoll abgeschrieben.
Der Buchdruck mit beweglichen Lettern verändert die Kunst- und Kulturwelt. In der Folge entstehen überall in Europa Gutenberg-Druckerpressen. Deutschland (Regnum Teutonicum) wird Weltführer im Buchdruck und behält diese Monopolstellung bis weit ins 16. Jahrhundert hinein. Bereits um 1500 sind wohlmöglich etwa 40.000 Buchtitel mit einer Gesamtauflage von 8 Millionen Exemplaren gedruckt.
Renaissancekriege
Die Renaissancekriege begannen 1494 und dauerten bis 1559 an. Kriegsschauplatz war überwiegend Italien. Auslöser des Krieges war, dass der französische König Karl VIII. in Italien einmarschierte, um das Königreich Neapel anzugreifen. Grund waren Streitigkeiten in der Erbfolge. Da Norditalien zum Heiligen Reich gehörte, wurden die Deutschen in den Krieg hineingezogen.
Einen Höhepunkt erreichten die Kriege im Jahr 1527. Denn nachdem sich der Papst gegen den deutsch-römischen König Karl V. gestellt hat, ziehen die Deutschen nach Rom. Natürlich wird Rom geplündert (Sacco di Roma) und der Papst muss nach Engelsburg fliehen. Er wird aber wenig später gefasst und muss im Jahr 1530 seinen Kontrahenten zum römisch-deutschen Kaiser krönen. Dies bleibt die letzte Erhebung eines römisch-deutschen Kaisers durch den Papst.
Reformation in Deutschland
1517 verfasst der Wittenberger Theologe Martin Luther seine 95 Thesen über die Missstände in der katholischen Kirche. Dass er diese 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche von Wittenberg genagelt hat, ist sehr umstritten. Doch begünstigt durch die Druckerpresse verbreiten sich Luthers Thesen im ganzen Reich wie ein Lauffeuer.
Als Luther sich weigert, seine Thesen zu widerrufen, kommt es zum Bruch mit der katholischen Kirche. Dies läutet die Reformation ein, bei der Lutheranhänger (Protestanten) gegen Katholiken vorgehen und umgekehrt.
Aus dem einfachen Streben nach einer Veränderung des Papsttums, der Kirche, ihren Hierarchien und Weltsichten – entsteht bald eine Spaltung der Gesellschaften. Und zwar in ganz Europa. Es kommt zu kriegerischen Auseinandersetzungen bis ins 17. Jahrhundert hinein. Auf deutschem Gebiet beendet der Augsburger Religionsfrieden von 1555 den Konflikt vorerst.
Strukturelle und politische Änderungen
Im Zuge der Reformation beschließt Albrecht von Brandenburg-Ansbach im Jahr 1525 das Gebiet des Deutschordensstaates, in ein weltliches Herzogtum mit protestantischer Lehre zu wandeln. Es entsteht das Herzogtum Preußen, welches sich anfangs auf das Gebiet um Königsberg beschränkt – in den nächsten Jahrhunderten aber zur europäischen Großmacht aufsteigen wird.
Als zweite deutsche Großmacht wird sich das Haus Habsburg mit den österreichischen Erblanden etablieren. Die Grundlage dafür wird 1521 beim Reichstag zu Worms beschlossen. Dort teilen sich Karl V. und sein jüngerer Bruder Ferdinand I. ihre Besitztümer auf. Karl erhält Burgund, die Niederlande und das Königreich Spanien. Dafür erhält Ferdinand die österreichischen Herzogtümer und andere deutsche Reichsgebiete.
Auf deutschem Gebiet entsteht im 15. Jahrhundert erstmals ein Nationalgefühl. Begründet wird dies bereits 1474 als Kaiser Friedrich III. zum Reichskrieg gegen Burgund aufruft. Denn als Friedrich die Fürsten zum Kampf auffordert, verlangt er nicht nur Gehorsam sondern appelliert auch an ihr Nationalbewusstsein mit folgenden Worten:
„Den Kampfeinsatz seien sie dem Heiligen Reich, euch selbst und der deutschen Nation schuldig.“
Die Nation wird erstmalig ein Identifikationssymbol für eine gemeinsame Abstammungsgemeinschaft. In der Folge wird das Reich auch als Heiliges Römisches Reich deutscher Nation bezeichnet.
Was sind Merkmale der deutschen Renaissance-Kunst
Die deutschen Renaissancekünstler verwenden andere Motive als die italienische Künstlergeneration. So sind auf dem deutschen Gebiet christlich-religiöse Motive verbreitet. In Italien werden solche Motive mit antiken Symbolen versehen. Auch die römisch-griechische Mythologie ist ein Merkmal der italienischen Renaissance, welche bei deutschen Künstlern wenig Verwendung findet.
Hinzu kommt, dass sich der deutsche Renaissancestil mit der Spätgotik vermischt. In Italien war die Gotik ein verhasster Kunststil, wurde als Barbarenkunst bezeichnet – deren Überwindung die Renaissance sein sollte. Ebenfalls vermischen sich in der deutschen Renaissance lokale Traditionen mit dem übernommenen Stil der Italiener. In Nordeuropa waren Druckgrafik durch Holzschnitt und Kupferstich bereits weiter entwickelt als anderswo und die Deutschen übernahmen die Führung bei der Entwicklung von Buchillustrationen.
Geprägt wird die deutsche Renaissance auch durch die Reformationsbewegung, welche Martin Luther mit seinem Thesenanschlag 1517 in Wittenberg auslöste.
Deutsche Renaissancekünstler
Albrecht Dürer
siehe auch Hauptartikel: Steckbrief, Fragen und Antworten zu Albrecht Dürer
Albrecht Dürer absolvierte eine Lehre als Goldschmied. Ab etwa 1500 stieg er zum führenden deutschen Künstler auf. Er reiste durch mehrere deutsche Städte, bevor er einige Reisen nach Italien unternahm.
In Italien lernte Dürer grundlegende Kenntnisse über die Formenlehre. Diese Kenntnisse führte Dürer in einer Schrift zur Formenlehre zusammen und veröffentlichte diese unter dem Titel: „Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt in Linien ebnen unnd gantzen corporen“. Dieses Werk gilt als erstes deutschsprachiges Mathematikbuch mit bedeutenden neuen Erkenntnissen.
Mit seinem Selbstbildnis kopiert Dürer das Schema traditioneller Christusporträts. Damit stilisiert er sich selbst zum gottgleichen Schöpfer.
Dürers Werke beschränken sich nicht allein auf die Malerei. Stattdessen wurde er berühmt durch seine Holzschnitte und Kupferstiche. In den folgenden vierzig Jahren wird Deutschland die Kunst nördlich der Alpen prägen und sowohl Frankreich als auch die Niederlande als Kunstzentrum ablösen.
In der Reformationsfrage war Dürer ein Lutheraner. Aber obwohl er Luther unterstützte, malte er weiterhin Madonnen und andere katholische Bilder. Auch seine Porträts zeigen sowohl protestantische als auch katholische Anführer.
Lucas Cranach
Lucas Cranach (der Ältere) war Freund und Anhänger Martin Luthers. Aus diesem Grund malte er einige lutherische Altarbildern, welche das Letzte Abendmahl Christi als Motiv hatten. Auch Porträtbilder von führenden Protestanten als die zwölf Apostel stammen von Cranach.
Lucas Cranach der Jüngere war Sohn von Lucas Cranach dem Älteren. Er wurde 1515, also zwei Jahre vor Luthers Thesenanschlag, geboren. Dennoch überlagerte sich die Reformationszeit mit seiner Schaffensperiode.
Er gilt als bedeutendster Produzent protestantischer Kunstpropaganda, verband christliche Motive mit protestantischer Lehre. Der protestantische Bilderkampf fand auf Gemälden aber auch auf Flugblättern statt. Dabei wurden bestehende Konfessionen verhöhnt oder die Protestanten zusammen mit Jesus verewigt.
Solche Bilder waren für die katholischen Kirche eine Kampfansage, da Kunst lediglich eine Darstellung zur Herrlichkeit Gottes sein sollte. Im protestantischen Bilderkampf wurde auf diese prunkvolle und idealisierte Heiligendarstellung verzichtet.
Weitere deutsche Renaissancekünstler
- Hans Holbein der Jüngere und Hans Holbein der Ältere
- Barthel Beham
- Albrecht Altdorfer
- Hans Sebald Beham
- Hans von Aachen
- Veit Stoß
- Tilman Riemenschneider
Renaissancearchitektur in Deutschland
Inspiration fand die deutsche Renaissancearchitektur durch die Italienheimkehrer Albrecht Dürer und Johannes Reuchlin. Bedeutende Bauwerke im Renaissancestil sind Residenz Landshut, das Schloss in Heidelberg, das Schloss Johannisburg in Aschaffenburg, Schloss Weilburg, das Rathaus und die Fuggerhäuser in Augsburg sowie St. Michael in München. Letztere gilt als größte Renaissancekirche nördlich der Alpen.
St. Michael in München wurde zwischen 1583 und 1597 von Herzog Wilhelm V. von Bayern als Zentrum der Gegenreformation gebaut. Inspiration war die Kirche il Gesu in Rom.
In historischen Altstädten im Nord- und Ostseeraum finden sich Backsteinhäuser im Renaissancestil. So etwa in Stralsund, Wismar oder Lübeck. Im etwas anderen Stil als die Häuser der Backsteinrenaissance sind Bauten im Weserraum errichtet worden. Berühmtestes Bauwerk der Weserrenaissance ist das Bremer Rathaus.
Die Sächsische Renaissance ist ein regionaler Bautyp in der Renaissancezeit. Die Einflüsse, die den Stil prägten, kamen vor allem aus Böhmen, Italien und Polen. Entscheidend für die Ausbreitung des Baustils waren das sächsische Herrschergeschlecht der Wettiner, das eigene Großbauten in Auftrag gab und unter Kurfürst Moritz auch italienische Künstler nach Sachsen riefen. Eines der bedeutendsten Häuser der sächsischen Renaissance ist das Dresdner Schloss.