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Dreifaltigkeit (Masaccio)


Das Trinitätsfresko von Masaccio war die erste exakte Konstruktion mit der Zentralperspektive (1425-27), Santa Maria Novella Kirche in Florenz, Bildnachweis: Bill Perry / Shutterstock.com

Masaccios Trinitätsfresko (1425-27), Santa Maria Novella Kirche in Florenz, Bildnachweis: Bill Perry / Shutterstock.com

Das Trinitätsfresko bzw. Bild von der Dreifaltigkeit ist ein Wandgemälde des italienischen Malers Masaccio. Es entstand während der Renaissance (zwischen 1425 und 1428). Das Wandgemälde befindet sich an der Wand der Kirche Santa Maria Novella in Florenz. Es zählt zu den bedeutenden Kunstwerken der Renaissance, da Masaccio mit diesem Gemälde die Zentralperspektive für die Malerei begründete. Zwar gab es in der Renaissancemalerei schon frühere Ansätze, Raumtiefe zu erschaffen – doch das Trinitätsfresko gilt als erste exakte Konstruktion unter zentralperspektivischer Anleitung.

Entstehungsgeschichte

Um 1425 arbeitete Masaccio an einem Altarbild in Pisa. Zur gleichen Zeit befand sich Donatello ebenfalls in Pisa, um dort das Denkmal für Kardinal Rinaldo Brancacci zu fertigen, welches später nach Neapel geliefert wurde.

Für seine Reliefs setzte Donatello bereits 1417 die Zentralperspektive um. Er vermochte es, diese Perspektivtechnik gekonnt mit seiner neu erfundenen Relieftechnik (rilievo schiacciato) zu kombinieren. Sichtbar ist dies in seinem Werk: Heiliger Georg befreit die Prinzessin (1417).

Es ist anzunehmen, dass Masaccio von der Arbeit seines Bildhauerkollegen inspiriert wurde. Neben der Arbeit in Pisa malte Masaccio seit 1425 an einem Freskenzyklus in der Brancacci-Kapelle in Florenz. Somit reiste er in diesem Zeitraum zwischen beiden Städten hin und her. Es ist davon auszugehen, dass Masaccios Gemälde in der Brancacci-Kapelle in Bezug auf Plastizität und Perspektive auf Donatellos bildhauerischem Werk basierten.

Als dann Filippo Brunelleschi die Zentralperspektive auch noch wissenschaftlich-geometrisch herleitete, konnte Masaccio beide Ansätze auf die Malerei übertragen. Um 1425 erhielt er einen weiteren Auftrag aus Florenz. Er sollte ein Wandgemälde mit der Dreifaltigkeit für die Dominikanerkirche Santa Maria Novella in Florenz erschaffen.

Auftraggeber

Wer der Auftraggeber des Dreifaltigkeitsfreskos war, konnte nie vollständig hergeleitet werden. Doch 2012 entdeckte man Aufzeichnungen über den Besitz eines Grabes am Fuße des Freskos. Diese Dokumente deuten auf die Familie Berti hin. Die Arbeiterfamilie stammte aus Viertel Santa Maria Novella in Florenz.

Allerdings existieren auch Aufzeichnungen darüber, dass die Familie Lenzi ebenfalls ein Grab in der Nähe des Altars besäßen hätten. Sowohl die Lenzis als auch die Bertis kommen als Auftraggeber in Betracht, wobei letztere favorisiert werden.

Durchführung

Masaccios Trinitätsfresko wurde vom Künstler sowohl gemalt als auch architektonisch konstruiert. Zuvor fertigte Masaccio eine Vorabzeichnung an der Wand an. Solche Vorzeichnungen waren nötig, um eine meisterhafte Konstruktion zu gewährleisten. Auf die Vorzeichnung wurde dann eine Gipsschicht aufgetragen.

Auf Grundlage von Brunelleschis Arbeit bestimmte Masaccio einen Fluchtpunkt im Bild. Dieser befand sich am Fuße des Kreuzes. Dort schlug er einen Nagel in den Gips hinein, band Schnüre darum und zog vom Fluchtpunkt ausgehend, entsprechende Fluchtpunktlinien.

An diesen Linien orientierten sich alle Objekte im Raum, um die Illusion einer Raumtiefe für das Gemälde zu erzeugen. Der Nagelabdruck am Fuße des Kreuzes ist heute noch nachweisbar.

Die Schnüre, welche vom Nagel ausgehend, alle Fluchtpunktlinien bilden sollten, wurden dann in den Gips gedrückt. Dadurch entstanden Einkerbungen, an denen sich der Künstler orientieren konnte. Erst dann wurden die Schnüre abgenommen und das Wandgemälde gemalt.

Veröffentlichung

Als Masaccio das Gemälde 1427/28 veröffentlichte, versetzte es die Betrachter ins Staunen. Denn das Fresko vermittelt den Eindruck von Raumtiefe. Für die Betrachter erschien der Hintergrund so, als hätte Masaccio die Wand hinter dem Kreuz durchbrochen. Solch ein Eindruck war nur möglich, da Masaccio sich exakt an die geometrischen Regeln der Zentralprojektion gehalten hatte.

Verschwinden

Um 1568 wurde Giorgio Vasari von Cosimo I. (Herzog von Florenz) beauftragt, die Santa Maria Novella umzugestalten. Der Hofarchitekt der Medici war ein Kunstkenner und gilt für die neuzeitliche Forschung als bedeutender Biograf der Renaissancekünstler.

In seinen Büchern (Le Vite) würdigte Vasari u.a. auch Masaccio für sein Werk. Demnach war dem Architekten die Bedeutung des Trinitätsfreskos durchaus bewusst. Dennoch musste er den Auftrag zur Renovierung und Neugestaltung der Kirche umsetzen.

Als Vasari 1570 damit begann, die Dreifaltigkeitskapelle zu restaurieren, entschied er sich das Wandgemälde intakt zu lassen. Aber er musste es verstecken. Deshalb konstruierte er einen neuen Altar und einen neuen Schirm vor dem Trinitätsfresko, um es zu verbergen.

Den Kunstwissenschaftlern von heute scheint Vasaris Absicht plausibel. Unklar ist jedoch, ob Cosimo I. von diesen Abschirmarbeiten gewusst hatte. Um den neuen Altar zu schmücken, malte Vasari eine Madonna mit Rosenkranz.

Wiederentdeckung

Im Jahr 1860 fanden erneute Renovierungsarbeiten in der Santa Maria Novella statt. Und so wurde bei der Demontage von Vasaris Altar das Trinitätsfresko Masaccios wiederentdeckt.

Der obere Teil des Freskos mit der Kreuzigung wurde anschließend auf Leinwand übertragen. Dieser Teil wurde dann an einen anderen Ort in der Kirche verlegt. Unklar ist heute, ob der untere Teil des Freskos übersehen oder absichtlich weggelassen wurde.

Die Übertragung auf Leinwand ermöglichte zugleich eine Restaurierung des Gemäldes. So wurden beschädigte Fragmente ausgebessert und restauriert. Möglicherweise wurden Teile des Gemäldes auch bei der Übertragung von Gips auf Leinwand beschädigt. Allerdings fehlt die Dokumentation dazu.

Erst im 20. Jahrhundert wurde der untere Teil der Konstruktion mitsamt des Leichengrabes wiederentdeckt. Deshalb entschloss man sich, beide Teile wieder zu vereinen. Zwischen 1950 und 1954 wurde die Wiedervereinigung und erneute Restaurierung durchgeführt. Heute befindet sich Masaccios Dreifaltigkeitsgemälde wieder an seinem ursprünglichen Ort. Eine letzte Restaurierung erfolgte zwischen 1999 und 2001.

Motiv

Das Wandgemälde besteht aus zwei Teilen. Der untere Teil bildet einen Sarkophag ab und der obere Teil ist die Darstellung des christlichen Trinitätskonzeptes (Dreifaltigkeit).

Masaccio: Fresko der Dreifaltigkeit, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

Fresko der Dreifaltigkeit in voller Größe

Das Gemälde ist etwa 3,17 m breit und 6,67 m hoch. Dadurch ergibt sich ein Seitenverhältnis von ungefähr 2:1. Die Aufteilung des oberen zum unteren Bild ergibt ein Verhältnis von 3:1.

Masaccios Trinitätsfresko mit Aufteilung des Gesamtbildes, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

Aufteilung des Gesamtbildes

Der Altar sollte ursprünglich als echter Vorsprung erscheinen und physisch aus dem Fresko herausragen. Dadurch wäre die Illusion von Raumtiefe noch weiter gesteigert worden. Die bemalten Figuren sind etwa lebensgroß. Lediglich die Personifizierung Gottes im Hintergrund ist übergroß. Für einen Betrachter mit durchschnittlicher Größe würde die Sichtlinie in etwa der Bodenhöhe der Figuren entsprechen.

Auf Sichthöhe des Betrachters knien die beiden Stifterfiguren. Entsprechend ihrer Bedeutung steigen die Figuren entsprechend auf, so dass Maria und der Evangelist Johannes vergrößert wirken.

Darstellung der Dreifaltigkeit

Masaccios Trinitätsfresko bildet das christliche Konzept der Trinität ab. Demnach besteht die Macht Gottes aus drei Wesensanteilen, dem Vater (Gottvater), dem Sohn (Jesus Christus) und dem Heiligen Geist (Geist Gottes). Masaccios Gottvater befindet sich auf dem Gemälde im Hintergrund über dem gekreuzigten Sohn (Jesus Christus).

Masaccio: Heilige Dreifaltigkeit oberer Teil, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

oberer Teil des Dreifaltigkeitsgemäldes

Mit dem Heiligen Geist wird die Erfüllung des Menschen durch Gott ausgedrückt. In der Bibel ist der Geist Gottes eine Haltung, Stimmung, Einstellung oder ein anderer geistiger Zustand – welchen Gott im Menschen auslöst (ausfüllt). Um den Heiligen Geist darzustellen, verwendet man in der Kunst verschiedene Symbole (Wind, Salböl oder Quellwasser).

In der neuerlichen Kunst wurden Symbole des Heiligen Geistes mit dem Taufakt Jesu verknüpft. Im Matthäusevangelium 3-16 steht dazu, dass Jesus nach der Taufe aus dem Wasser stieg und eine Taube erblickte. Diese Taube stieg vom Himmel herab und erfüllte Jesus mit dem Geist Gottes. In der Renaissancekunst verwendete man deshalb oft eine Taube, um den Geist Gottes symbolisch darzustellen.

Masaccios Trinitätsfresko symbolisiert den Heiligen Geist ebenfalls mit einer Taube, welche über dem Kopf Jesu schwebt. Dadurch wird die Verbindung zwischen Vater und Sohn nochmals bekräftigt.

Masaccio: Ausschnitt aus dem Dreifaltigkeitsfresko mit Jesus und der Taube als Heiligen Geist, Bildlizenz: gemeinfrei- keine Änderungen

Ausschnitt aus dem Dreifaltigkeitsfresko mit Jesus und der Taube als Heiligen Geist

Am Fuße des gekreuzigten Jesu steht links Maria im schwarzen Umhang gehüllt. Die Mutter des Gekreuzigten zeigt auf den Leichnam ihres Sohnes. Rechts des Kreuzes steht Johannes, einer der Evangelisten. In der Bibel wird er oftmals als Jesus liebster Jünger erwähnt.

Masaccio: Ausschnitt aus dem Trinitätsfresko zeigt Maria, welche auf ihren gekreuzigten Sohn zeigt, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

Ausschnitt zeigt Maria, welche auf ihren gekreuzigten Sohn zeigt

Stifterfiguren

In der Renaissance war es üblich, die Auftraggeber auf Gemälden mitabzubilden. Deshalb sind die beiden Stifterfiguren, welche rechts und links knien – eine Abbildung der Bertis oder Lenzi-Familie. Sie dienen den Zuschauern als Vorbilder religiöser Frömmigkeit, beanspruchen aber auch einen besonderen Status, da sie den heiligen Figuren näher stehen als die Betrachter.

Der Mann trägt einen roten Mantel. Die Frau kniet ihrem Mann gegenüber und trägt einen blau-schwarzen Mantel. Mit der Platzierung der Spenderporträts setzte Masaccio den Auftraggebern ein Denkmal.

Sarkophag

Der untere Teil des Bildes ist ein Säulen gestützter Altar. Unter diesem befindet sich ein Sarkophag und ein liegendes Skelett. Über dem Skelett deutet die Inschrift: „IO FV G[I]A QUEL CHE VOI S[I]ETE EQUEL CHISON[O] VOI ANCO[RA] SARETE“ („Ich war, was ihr seid, und was ich bin, werdet ihr sein“) auf eine Legende des 11. Jahrhunderts hin.

Masaccios Trinitätsfresko, Ausschnitt des unteren Teils mit dem  Sarkophag, Bildlizenz: gemeinfrei - keine Änderungen

Ausschnitt des unteren Teils mit dem Sarkophag


In der Legende treffen drei Lebende auf drei Tote. Die Toten weisen die Lebenden daraufhin, dass sie irgendwann auch sterben werden. Die Mahnworte Memento mori („Sei dir deiner Sterblichkeit bewusst“) versprechen Ähnliches.


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