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Proto-Renaissance


Als Proto-Renaissancen (Protos: griechisch = der Erste) werden alle Wiederbelebungsversuche der Antike vor der eigentlichen Renaissancezeit zusammengefasst. Solche Versuche fanden bspw. im 8. Jahrhundert aber auch im 13. Jahrhundert statt.

Erst in der Phase der Hochrenaissance (1480/1500 bis 1527/30) begriffen Künstler und Gelehrte, dass die Antike tatsächlich tot sei. Mit Tod meinten sie den kulturellen Tod der Antike, in der Literatur, in der Kunstwelt, in der Philosophie und sogar in der Sprache.

Aufgrund dieser Erkenntnis erschufen Renaissance-Gelehrte eine Geschichtseinteilung nach Antike, Mittelalter und Neuzeit. Jedoch wurde der Renaissancebegriff als Zwischenepoche erst durch die Arbeiten von Jules Michelet und Jacob Burckhardt im 19. Jahrhundert eingeführt.

Was bedeutet Proto-Renaissance

Die italienische Renaissance, welche etwa 1420 in Florenz begann, gilt allgemein als Wiedergeburt der Antike. Und die Stadt Florenz gilt demnach als Wiege der Renaissance. Doch der Kunsthistoriker Erwin Panofsky erkannte als einer der Ersten, dass die erste Renaissance nicht in Florenz oder in Rom des 15. Jahrhunderts begann, sondern weitaus früher. Schon Karl der Große versuchte die Antike wiederzubeleben, indem er die karolingische Erneuerung ins Leben rief. Und auch im 13. Jahrhundert startete in Capua (Italien) ein weiterer Wiederbelebungsversuch.

Proto-Renaissance im 13. Jahrhundert

Der erste Wiederbelebungsversuch der Antike im mittelalterlichen Italien geht auf den Bildhauer Biduino (1173 – 1194) zurück. Er konzentrierte sich auf das Studium der römischen und spätantiken Skulptur, insbesondere der Sarkophage. Aktiv war Biduino in Lucca und Pisa, wo er an der Gestaltung von Skulpturen an Innen- und Außenfassade diverser Kirchen mitwirkte.

Nicola Pisano (1210/20 bis 1278/84) war ein Bildhauer aus Apulien (Süditalien). Seine Tätigkeit als Bildhauer kann heute in Pisa, Bologna und Siena bewundert werden. Auffällig ist, dass er für seine Skulpturen eine antik-römische Form bevorzugte. Er und Biduino waren die ersten, welche antike Kunst wiederbeleben bzw. nachzuahmen versuchten. Ihrem Stil folgten bald Maler, wie Duccio di Buoninsegna (1255 – 1318/19) und Cimabue (1240 – 1302).

In der Frührenaissance wurden Diccios und Cimabues Werke etwas spöttisch betrachtet. Man erwähnte den Griechischen Stil (maniera greca) der Beiden, was an byzantinische Kunst erinnerte.

Vom griechischen Stil lösten sich Maler, wie Pietro Lorenzetti (1240 – 1348), sein Bruder Ambrogio Lorenzetti (1290 – 1348) oder Simone Martini (1284 – 1344). Alle drei prägten die Proto-Renaissance in Siena. Und alle drei waren Schüler der oben erwähnten Generation.

Als eigentlicher Begründer der italienischen Malerei wird Giotto di Bondone (1267 – 1337) genannt. Dieser galt als Wunderkind und war Schüler von Cimabue. Eine Anekdote beschreibt sein Schaffen: Diese Anekdote besagt, dass Giotto eines Tages eine Fliege auf ein Werk seines Meisters Cimabue malte. Diese Fliege sah so täuschend echt aus, dass Cimabue versuchte, diese wegzuwischen. Als er die Täuschung bemerkte, musste Cimabue feststellten, dass sein Schüler ihn übertroffen hatte. Die Fliege wurde seitdem als ein Symbol des künstlerischen Fortschritts betrachtet.

Giottos Meisterwerk ist der Freskenzyklus in der Cappella degli Scrovegni (Padua). Die Wandgemälde zeigen verschiedenen Episoden aus dem Leben Christi und der Jungfrau Maria. Der dramatische Höhepunkt des Zyklus ist das Freskenbild vom Jüngsten Gericht. Doch das wohl bedeutendste Wandgemälde des Zyklus ist: die Beweinung Christi. Entstanden ist der Zyklus circa 1305, also mehr als 100 Jahre vor der eigentlichen Renaissancezeit. Beeinflusst von Giottos Werk wurden Michelangelo und Masaccio.

Proto-Renaissance im Frankenreich

Auch Karl der Große versuchte im 8. Jahrhundert die Antike wiederzubeleben, indem er eine Bildungsoffensive veranlasste. Gefördert sollte vor allem die Lateinische Sprache, aber auch die Baukunst. Dazu ließ er lateinische Klassiker abschreiben, ließ eine neue Buchschrift entwickeln, eine Hofbibliothek bauen und den karolingischen Reichskalender einführen.

In der Baukunst wurde an der Formenlehre der römischen Architektur festgehalten. So orientiert sich bspw. die Aachener Pfalzkapelle (Bauzeit 795 – 803) an der Zentralbaugeometrie der römischen Architektur. Der Bau gilt als erster nachantiker Kuppelbau nördlich der Alpen.

Die karolingische Buchmalerei orientierte sich ebenfalls an einer streng festgelegten Formensprache. Auch antike Motive, wie die Weinranke oder die Palmette (Palmwedel), wurden wieder aufgegriffen.

Was war der Unterschied zur Renaissance

Die Kunstwerke der Renaissance verbanden Wissenschaft mit Kunst. Wollte jemand einen Mensch malen, studierte man dessen Anatomie. Durch das Wissenschaftsstudium entstanden die Universalgelehrten der Renaissance.

Die wissenschaftliche Komponente fehlte der Proto-Renaissance. Herausgearbeitet wurde der wissenschaftliche Aspekt erst mit dem Aufkommen des Humanismus (etwa 1350), als Philosophen forderten, dass der Mensch seine gesamten Fähigkeiten entfalten müsse.

In der Zeit der Proto-Renaissance war das Menschenbild ein anderes. Denn im Mittelalter war der Mensch lediglich als Geschöpf Gottes gedacht worden, welcher im Dienste Gottes steht. Einem Menschen stand es demnach nicht zu, sich so zu entfalten.


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