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9 Ursachen und Auslöser der Renaissance


Die Geburtsstunde der Renaissance wird für die Bildhauerei mit dem Künstlerwettstreit zwischen Brunelleschi und Ghiberti assoziiert. Als Geburtsjahr der Renaissance wird demnach 1401/02 verordnet. Nach dem Wettstreit schuf Lorenzo Ghiberti die Bronzeportale für das Baptisterium San Giovanni in Florenz. Später schuf er dann auch die Paradiestür mit beeindruckenden Bronzebildern.

Die Geburtsstunde der eigentlichen Renaissancemalerei war 1420 in Florenz, als Filippo Brunelleschi die geometrischen Grundlagen zur Zentralperspektive entwickelte. Dadurch konnte Masaccio sein Trinitätsfresko malen, welches als erstes Gemälde der Welt auf den zentralperspektivischen Regeln basierte.

Aber die Protorenaissance in Siena begann weitaus früher. Also wodurch wurde die italienische Renaissance ausgelöst? Als Ursachen, Auslöser der Renaissance werden 9 Gründe genannt.

Nationalstreben, Konkurrenzdenken und Untergangsdilemma

Das Römische Reich ging im 4. und 5. Jahrhundert n.Chr. unter. Während der Völkerwanderung zogen Germanen und Gallier durch Europa und bewirkten, dass die ruhmreichen Zeiten des Weltreiches allmählich verblassten. Überall wurden kleinere Provinzen erobert und die barbarischen Feldherren riefen neue Kleinkönigreiche aus.

Aus Erbgründen und aus Gründen der politischen Stabilisierung wurde das Römische Reich im Jahr 395 n.Chr. geteilt. Fortan gab es ein Reich im Westen (Westrom) mit Rom als Hauptstadt und ein Reich im Osten (Ostrom) mit Konstantinopel als Hauptstadt.

Doch selbst solche Maßnahmen konnten den Untergang nicht aufhalten. Mit dem Einmarsch der Goten und der Langobarden im Weströmischen Reich fiel das Reich 476 n. Chr. endgültig. In der Folge entstanden Kleinkönigreiche – wie das Langobardenreich, das Westgotenreich oder das Maurisch-Römische Reich in Nordafrika.

Das Gebiet des heutigen Italiens wurde im Mittelalter nochmals geteilt, als Karl der Große den Norden von den Barbaren zurückeroberte und ins Karolingerreich eingliederte. Aus dem Karolingerreich ging im 9. Jahrhundert das Heilige Römische Reich deutscher Nationen hervor. In der Folge wurde Südeuropa von den Ländern nördlich der Alpen dominiert.

Die Italiener lebten in der Erinnerung ihrer eigenen Geschichte. Die Demütigung als die Barbaren ihr Reich eroberten, wurden nie überwunden. Und die neuen Demütigungen des Nordens hatten sie genauso satt. Man versuchte die ruhmreiche Zeit der römischen Antike durch die Wiederbelebung der Kunst zu aktivieren.

Gleichzeitig bestand ein interner Konkurrenzkampf zwischen den italienischen Stadtstaaten – um kulturelle, wirtschaftliche und militärische Überlegenheit. Dieser Konkurrenzkampf mündete in den Renaissancekriege von 1494 bis 1559.

Kunst als Ausdruck der kulturellen Überlegenheit

Für die italienischen Stadtstaaten begann ein Kampf um Souveränität und um die Vormachtstellung auf der Apenninhalbinsel. Im 14. und 15. Jahrhundert dominierten 5 Stadtstaaten das Geschehen auf der italienischen Halbinsel. Zu ihnen gehörte der Kirchenstaat, welcher vom Papst regiert wurde. Zum Kirchenstaat gehörten neben Rom auch mehrere teilautonome Staaten im nordöstlichen Teil der italienischen Halbinsel.

Ein zweiter wichtiger Akteur war die Republik Florenz, welche offiziell von einem Senat, aber faktisch von reichen Kaufleuten – wie den Medici – regiert wurden. Parallel zu Florenz existierte die Republik Venedig, welche von einem Dogen regiert wurde. Der Süden des heutigen Italiens hieß damals Königreich Neapel. Es erstreckte sich zeitweise auch über Sizilien und wurde als Königreich beider Sizilien bezeichnet. Im Norden Italiens bestand das Herzogtum Mailand, welches seinen Hegemonialanspruch nach Mittelitalien ausbreiten wollte.

Jeder Stadtstaat wollte gegenüber den anderen Staaten seine Überlegenheit ausdrücken. Mit der Renaissancekunst, als Wiederentdeckung der Antike, konnte dies gelingen. Deshalb demonstrierten einige Stadtstaaten – wie Florenz – ihre kulturelle Überlegenheit durch die Kunst. Es entstanden Kunstwerke, welche dem antiken Ideal nacheiferten. Mit solchen Mitteln versuchten sich die Stadtstaaten als legitimes Nachfolgereich des römischen Reiches herauszustellen.

Geburtsstunde des Dichterhelden

Im Jahre 1341 wurde Francesco Petrarca zum Dichter gekrönt. Sein Anspruch war es, dass sich die Italiener aus dem politischen Chaos der Besatzung befreien sollen. Er forderte dazu auf, dass sich die italienischen Gebiete unter einer mächtigen Nation und Kultur vereinigen sollten.

Zwar wurde der italienische Nationalstaat erst 1861 (Risorgimento) geschaffen, doch das nationale Bestreben entstand bereits zu dieser Zeit. Mit Dichtern wie Petrarca und Dante Alighieri entstand die Renaissance als Gedankenepoche (Renaissance-Humanismus).

Erwachen aus der Krise

Die Italiener versuchten nicht nur ihre kulturelle Vergangenheit aus der Antike wiederherzustellen, sondern auch gegenwärtige Krisen zu überwinden. Einige dieser Krisen waren der Große Hunger und der Schwarze Tod.

Der Schwarze Tod war eine Beulenpestepidemie im Spätmittelalter gewesen. Europa verlor etwa ein Drittel seiner Bevölkerung. Da die Pest eine Krankheit ist – welche von Mensch zu Mensch übertragen wird – flohen die Stadtbewohner aufs Land, wo die Besiedlung geringer war. In den Städten blieben nur einige Menschen, aber sämtliche Industriebetriebe zurück.

Nach den Pestepidemien führte die hohe Kapitaldichte bei geringer Bevölkerungsdichte in den Städten zu neuen Aufschwung. Die geografische Lage begünstigte den Aufschwung der Handelsrepubliken.

Günstige geografische Lage

Die italienischen Stadtstaaten lagen am Mittelmeer. Zum Oströmischen Reich, welches im Mittelalter zum Byzantinischen Reich wurde, bestand ein Handelsnetzwerk. Seit jeher wurden Gedanken, Technologien und Bücher über den Mittelmeerraum ausgetauscht.

Als die Osmanen im Jahr 1453 das Byzantinische Reich mit ihrer Hauptstadt Konstantinopel eroberten, flohen die Byzantiner über die etablierten Handelsrouten nach Südeuropa. Die griechischen Gelehrten brachten Kunstwerke, Bücher, Wissen und Technologien mit. In den italienischen Stadtstaaten entstand ein neuer Wissenspool mit Gedankengut aus der griechisch-römisch Zeit.

Neue Machtverhältnisse

Während des Hochmittelalters kämpften der Kirchenstaat, das Byzantinische Reich und auch das Heilige Römische Reich um die Vormachtstellung in Italien. Trotz oder vielleicht sogar weil sich alle auf das groß-italienische Gebiet konzentrierten, übersahen die Großmächte – dass sich kleine Stadtstaaten mit funktionierender Wirtschaft und Militär herausbildeten. Diese Stadtstaaten waren politisch autonom, wurden reich durch den Handel mit Übersee und investierten ihren Reichtum in den Ausbau ihrer Infrastruktur und ihrer kulturellen Überlegenheit.

Beginn des Frühkapitalismus

Die Mächte im europäische Norden hatten hohe Ausgaben zu stemmen. So kostete der Hundertjährige Krieg (1337 – 1453) zwischen England und Frankreich ein Vermögen.

Auch die Folgen der spätmittelalterlichen Krisen (Pest usw.) kosteten den Staaten des Nordens ein Vermögen. Als Geldverleiher boten sich Kaufleute im Süden an, welche durch den Handel im Mittelmeerraum zu Reichtum gekommen waren.

In Florenz wurde 1494 die doppelte Buchführung als Standard eingeführt. Die Einführung gilt als Geburtsstunde des Frühkapitalismus.

Der in den Stadtstaaten entstandene Reichtum zog neue Kaufleute an, welche ebenfalls reich werden wollten. So entwickelten sich Macht- und Geldzentren.

Kunstmäzene als Geldgeber

Der geschöpfte Reichtum in den verschiedenen Stadtstaaten wurde u.A. in die Kunst investiert. Wie bereits oben beschrieben, wollte man eine kulturelle Überlegenheit durch Kunst ausdrücken. Die Frühkapitalisten etablierten demnach ein Netzwerk aus Kunstmäzenen, welche als Geldgeber und Finanzier von Künstlern auftraten.

Da durch den Humanismus sich der Mensch an der Seite von Gott (nicht unter ihm) begriff, wurde der Zeitgeist auf Kunstwerke transportiert. In der Folge zeigten sich reiche Kaufleute mit christlichen Symbolen, stellten sich als Spitze der Welt oder der Kirche dar. Der Humanismus und die Wiederentdeckung des Individuums machten dies möglich.

Neue Emanzipation des Menschen

Der Frühkapitalismus bewirkte, dass sich Produktionsbetriebe und Handelsunternehmen trennten. In der Folge entstanden immer speziellere Berufe. Die Arbeitnehmer in den Berufen mussten vielsprachig und gebildet sein.

Deshalb wurden in Italien diverse Bildungsreformen angestoßen, was dazu führte – dass sich eine Mittelschicht herausbilden konnte. Diese Mittelschicht war das Bürgertum, welches sich von der Kirche emanzipieren wollte. Der Zeitgeist des Humanismus – welcher den Menschen in den Mittelpunkt rückte – traf nun auf eine Bildungselite, welches diese Gedankengerüst begierig aufnahm.


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