Kontrapost
Der Kontrapost (italienisch: contrapposto = Gegenstück) ist ein Gestaltungsmittel der Kunst. In der Renaissance wurde der Kontrapost zuerst in der Bildhauerei eingesetzt, später auf die Malerei übertragen. Ziel war es, durch gegenüberliegende Beinstellung eine Form von Harmonie und Gelassenheit zu erzeugen. Der Kontrapost in der Renaissance-Bildhauerei wurde zuerst von Donatello eingeführt und später von Michelangelo perfektioniert. In der Renaissancemalerei schaffte Leonardo da Vinci die psychologische Wende mit einem Frauenporträt, welches den Titel: Die Dame mit dem Hermelin trägt. Auf diesem Gemälde sind Oberkörper und Unterkörper entgegengesetzt positioniert, wodurch der Kontrapost erreicht wird.
Inhalt
Wiederentdeckung des Kontrapost
In der Renaissancekunst wurde der Kontrapost durch Donatello wieder eingeführt. Zuvor hatten Bildhauer aus der Antike, wie Polyklet (5. Jahrhundert v.Chr.), bereits Skulpturen mit diesem Stil erschaffen.
Bei Donatellos erster David-Figur aus Marmor, welche zwischen 1408 und 1409 entstand, wird der Kontrapost angedeutet. Die Beinstellung des David lässt erkennen, dass das rechte Bein als Standbein dient und das linke Bein (Spielbein) locker aufsitzt. Der Oberkörper ist zur Seite geneigt, um den Kontrapost der Beine auszugleichen.
Mit seiner Davidskulptur schuf Donatello ein neues Schönheitsideal, welches eine naturalistische Darstellung des menschlichen Körpers zeigt. Durch die Beinstellung wird eine körperliche Verkrampfung aufgelöst und Harmonie geschaffen.
Kontrapost in der Skulptur
Donatellos Skulptur des Heiligen Johannes entstand direkt nach seinem David. Als Entstehungszeitraum sind die Jahre zwischen 1409 und 1411 angegeben. Der Kontrapost wird in der Sitzhaltung deutlich. So ist der Oberkörper dem Betrachter zugewandt, während der Unterkörper leicht nach links abknickt. Mittels dieses Stilmittels war es Donatello möglich, Raumtiefe und zugleich Harmonie beim Betrachter zu erzeugen.
Donatello bezieht bei seiner Johannes-Skulptur auch Arme und Hände in die kontrapostische Haltung mit ein. So hängt der rechte Arm entspannt nach unten und die Hand ruht auf dem Oberschenkel. Der linke Arm ist gebeugt und ruht auf dem Buch. Dabei vollzieht die linke Hand eine zweite Beugung.
Kontrapost in der Plastik
Zur Vollendung brachte Donatello die Darstellung des Kontrapost bei seinem Bronzedavid, welcher um 1435 vollendet wurde. Der junge David ist nackt und der linke Fuß (Spielbein) ruht auf dem Kopf des Goliath. Währenddessen ist das rechte Bein (Standbein) starr und kraftvoll.
Unterstützt wird die gegenläufige Beinstellung durch Arme und Hände. Der linke Arm ist in die Hüfte gestützt, was die Gelassenheit des Davids unterstreicht. Währenddessen hält David in der rechten Hand das Schwert, mit welchem er den Goliath zuvor enthauptet hatte. Aber das Schwert wird nicht kraftvoll gehalten, sondern hängt lose nach unten und ruht auf der Erde. Der Kopf des David ist leicht nach links geneigt, während der Oberkörper dem Betrachter zugeneigt wird.
Kontrapost bei Michelangelo
Michelangelos Davidskulptur (1501 – 1504) setzt den Kontrapost Donatellos fort. Der Körper ist seitwärts gedreht, wodurch Anmut und Schönheit unterstrichen werden. Das linke Bein (Spielbein) macht einen Ausfallschritt, während das rechte Bein als Standbein fungiert. Der linke Arm unterstützt die Seitwärtsbewegung. Sowohl Arm als auch Hand sind gebeugt.
Verbindet man die Innenseite des linken Beins mit der rechte Kopfseite – ergibt sich eine Kurve. Dadurch entsteht in der ruhenden Statur etwas Schwunghaftes, etwas Abwartendes oder Lauerndes. Dazu ist der Blick des Davids auf ein imaginäres Ziel auf der linken Seite ausgerichtet. Durch diese Haltung stellt Michelangelos David die Szene vor dem Kampf gegen Goliath dar.