Medici Kapelle (Michelangelo)
Die Medici-Kapelle ist ein Nebenraum und Grabkammer innerhalb der Kirche San Lorenzo in Florenz. Entworfen wurde die Kapelle etwa 1519 durch Michelangelo. Innerhalb der Grabkammer befinden sich Grabmäler von Lorenzo di Piero de’ Medici, Giuliano di Lorenzo de’ Medici, sowie die unvollendeten Grabmäler für Lorenzo il Magnifico und Giuliano di Piero de’ Medici. Die Medici aus Florenz waren eine reiche und einflussreiche Patrizierfamilie, welche während der Renaissance als Kunstmäzene auftraten.
Inhalt
Baugeschichte
Die Alte Sakristei der Basilica di San Lorenzo wurde von Filippo Brunelleschi entworfen und zwischen 1422 und 1428 erbaut. Der Baustil mit Kuppeldach entspricht dem Stil der Frührenaissance. Die Neue Sakristei (Medici-Kapelle) wurde von Michelangelo zwischen 1519 und 1534 erbaut.
Im Sommer 1519 bekam Michelangelo den Auftrag, die Medici-Kapelle zu bauen. Auftraggeber war Kardinal Giulio de’ Medici, welcher später (ab 1523) auch zu Papst Clemens II. ernannt wurde. Zu dieser Zeit war Leo X. (Giovanni de’ Medici) bereits Papst. In die Medici-Kapelle sollten die Grabmäler für:
- Lorenzo de’ Medici, genannt Lorenzo il Magnifico (Vater Leos X.),
- Giuliano di Piero de’ Medici (Bruder Lorenzos und Onkel Leos X.),
- Giuliano di Lorenzo de’ Medici (Bruder Leos X.)
- Lorenzo di Piero de’ Medici (Neffe Leos X.)
Der offizielle Baubeginn war am 4. November 1519. Seit der Konstruktion der Pieta (1499) bezog Michelangelo seine Marmorblöcke aus Carrara. So auch dieses Mal. Und so hatte er 1521 mehrere Blöcke aus dem Marmorbruch aus Carrara bestellt, um daraus die Skulpturen zu fertigen. Zuvor hatte er bereits Zeichnungen und Entwürfe für die Kammer angefertigt.
Leo X. starb 1521. Durch den Amtsantritt von Hadrian VI. wurden die Arbeiten erschwert, sogar aufgehalten. Doch schon 1523 wurde Kardinal Giulio de’ Medici selbst zum Papst und bekleidete das Amt als Clemens VII.. Folglich wurde die Arbeit wieder aufgenommen.
Bis 1524 wurde die Kuppel fertiggestellt. Aufgrund der Plünderung Roms (Sacco di Roma) von 1527 geriet Clemens VII. unter Druck. Mit ihm flohen die Medici aus Rom und Florenz, was die Arbeit erneut unterbrach. Erst 1530 kehrten die Medici zurück und die Arbeit an der Kapelle wurde wieder aufgenommen.
Gebunden war Michelangelo auch in Rom und musste dort das Juliusgrabmal (1505 1545) fertigstellen. Somit verbrachte er zwischen 1530 und 1534 einige Monate in Florenz und einige Monate in Rom. Als er dann 1534 nach Rom gerufen wurde, um das Jüngste Gericht zu malen – kehrte er nicht wieder. Er blieb bis zu seinem Tod (1564) in Rom, weshalb die Arbeiten in der Medici-Kapelle unvollendet blieben.
Grabmal für Lorenzo di Piero de’ Medici
Lorenzo di Piero de’ Medici (1492 – 1519) war Neffe von Leo X. und ab 1513 inoffizieller Herrscher in Florenz. Zudem war er ab 1516 auch Herzog von Urbino.
Michelangelo fertigte die Skulptur des Lorenzo um 1525. Die Skulptur ist etwa 178 cm hoch. Unter der Lorenzo-Skulptur befindet sich links ein nackter Mann (Crepuscolo, der Abend) und rechts eine nackte Frau (Aurora, der Morgen).
Bei der Darstellung der Morgenröte (Aurora) fällt auf, dass die Weiblichkeit kaum zum Tragen kommt. Stattdessen verleiht ihr Michelangelo einen muskulösen Körperbau. In der Kunstgeschichte erklärt man sich diese Vermännlichung durch den Umstand, dass Michelangelos Körperideal dem eines Mannes entsprach.
Trotz der fehlenden Weiblichkeit der Aurora war die nackte Darstellung eines Frauenkörpers eine Revolution. Üblich wurde dies in der Kunst erst etwa 100 Jahre später. Die Aurora wurde zwischen 1524 und 1527 gefertigt und misst 206 cm (Länge). Ihr männliches Pendant, der Crepuscolo, wurde zwischen 1531 und 1534 gefertigt. Dieser misst 195 cm in Länge. Alle drei Skulpturen bestehen aus Marmor.
Der Skulptur des Lorenzo verleiht Michelangelo einen antiken Touch. Der Medici thront, wie ein römischer Feldheer über den Morgen und Abend. Er trägt eine römische Rüstung und sitzt in nachdenklicher oder beobachtender Pose.
Grabmal für Giuliano di Lorenzo de’ Medici
Giuliano di Lorenzo de’ Medici (1479 – 1516) war jüngerer Bruder von Papst Leo X. und drittgeborene Sohn von Lorenzo il Magnifico. Ab 1515 bis zu seinem Tode war er Herzog von Nemours.
Die Statue des Giuliano fertigte Michelangelo zwischen 1526 und 1534 an. Unter der Giuliano-Skulptur befindet sich links eine Frauenfigur (Notte, die Nacht) und rechts eine Männerskulptur (Giorno, der Tag). Alle drei Figuren bestehen aus Marmor.
Die Frauenfigur entstand zwischen 1525 und 1531. Sie misst 194 cm in der Länge. Das Gesicht der Frau ist deutlich weiblicher dargestellt, als bei der Aurora im Lorenzo-Denkmal. Dennoch ist auch hier der Körper zu hart und zu muskulös dargestellt.
Das männliche Gegenstück ist der Tag (Giorno). Diese Skulptur gelingt Michelangelo deutlich besser, da auch hier das kraftstrotzende Schönheitsideal des Mannes herausgearbeitet wurde. Anders als beim Lorenzo-Denkmal verdecken Nacht und Tag ihren Schambereich, während Morgen- und Abendröte diesen entblößen.
Die Skulptur des Giuliano Medici thront über den Tag und die Nacht. Sie misst in der Höhe 173 cm. Der Kopf ist nach links geneigt und zeigt somit in die entgegengesetzte Richtung des Lorenzo-Denkmals. Die Haltung wirkt majestätisch. Unterstrichen wird dies durch antike Kleidung, Schmuck und Gewänder.
Grabmäler für Lorenzo il Magnifico und Giuliano di Piero de’ Medici
Die Grabmäler für Lorenzo il Magnifico und Giuliano di Piero de’ Medici blieben unvollendet. Denn Michelangelo zog 1534 nach Rom und kam nie wieder. Dennoch hatte der Künstler in Florenz eine Werkstatt unterhalten. Und im Jahr 1545 wurden Skulpturen, welche sich in seinem Atelier befanden, entnommen. Diese wurden in der Medici-Kapelle ausgestellt. Darunter befand sich eine Medici-Madonna mit Kind.
Um das Grabmal abzuschließen, wurde 1559 das Doppelgrab von Lorenzo il Magnifico und Giuliano di Piero de’ Medici aus übrigen Marmorteilen zusammengebaut.
Bedeutung
Michelangelo zählte zu den bedeutendsten Renaissancekünstlern überhaupt. Die weiblichen Skulpturen in der Medici-Kapelle waren ihrer Zeit voraus, obwohl diese nicht an Schönheit und Ästhetik der männlichen Statuen heranreichten. Und dennoch zählen die Medici-Darstellungen zu den bedeutendsten Renaissancestatuen, obwohl diese nicht an andere Werke Michelangelos heranreichen (La Pieta, Davidstatue, Moses). Schließlich muss sich die Bewertung der Skulpturen auch der Tatsache unterordnen, dass die Medici-Kapelle unvollendet blieb.